Tagebuch

24.6.2021 – Der perfekte Ast

Huhuuu von der Eule,

um gleich mal vorweg zu nehmen, warum es so lange still um mich war; ich habe meinen Sitzplatz verloren und von dieser Zwangsräumung musste ich mich erstmal erholen.

Ich weiß nicht, wie es anderen gefiederten Kollegen geht, aber ich für meine Verhältnisse brauche zum Leben den perfekten Ast. 

Um das kurz auszuführen: der perfekte Ast ist so breit, dass meine Krallen gemütlich darauf Platz haben, so dick, dass er sich nicht nach unten biegt oder ich bei jeder kleinen Brise hin und her schwinge (weil mir davon meistens schlecht wird) und er hat keine lästigen Nachbarn, die meinen Schlaf mit ihrem andauernden Gezwitscher stören.

Der perfekte Ast wächst außerdem meistens so, dass er ein Blätterdach von oben hat, unter dem ich dann je nach Wetterlage wie unter einer Markise oder einem Regenschirm residiere und mein Gefieder nicht ständig nass oder mir in der Sonne zu heiß wird. 

Er ist so hoch am Baum, dass mich keine der Katzen oder sonstiges Getier stören kann, aber auch niedrig genug, um uneingeschränkte Aussicht auf Haus und Hof zu haben. 

Ich möchte betonen, dass es solche dieser Äste nicht viele gibt – und die wenigen, die in meinem Besitz waren, sind nun leider der Kettensäge zum Opfer gefallen. 

Irgendwie hab ich mir schon gedacht, dass da ‚was im Busch‘ ist, als ich vor einiger Zeit jemanden dabei beobachtet hab, wie er eine beachtliche Menge an Bäumen mit einem großen, bunten Kreuz markiert. 

Wochen später – ironischerweise in der Zeit, die von den Menschen als ‚die stillste Zeit des Jahres‚ bezeichnet wird – ging dann der Lärm los, der mich erst einmal eine Weile das Weite hat suchen lassen, und als ich zurückgekommen bin könnt ihr euch mein Entsetzen vorstellen, als eine ganze Reihe an Bäumen einfach weg war. 

Mit. Meinem. Ast.

Da war ich dann also eine ganze Zeit lang ‚obastlos‘ und hab vor Stress drei graue Federn bekommen. 

Die Auswahl and Sitzplätzen war demnach erstmal recht spärlich, und vor allem sind auf einen Ast meistens mehrere Anwärter, die auch ihre Augen drauf geworfen haben, deswegen hat es ein wenig gedauert, bis ich mich wieder  neu formiert habe. 

Aber keine Sorge, ich hab mich mittlerweile wieder gut zurechtgenistet und den Kipfengraben nun wieder voll im Blick! 

Mehr dazu gibt’s bald, 

die Eule 

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